Minden gehört uns - nicht den Banken! Forderungen für Minden
Kommunale Finanzen und die Alternativen der DKP
Wirtschafts- und Sozialpolitik
In Minden werden dringend mehr bezahlbare Wohnungen gebraucht. Das sagt nun auch die Studie zum Handlungskonzept Wohnen, die die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Schon 2015 hatte eine Studie des Pestel-Instituts eine ähnliche Aussage getroffen. Die war insbesondere vom Sprecher der Wohnhaus GmbH vehement zurückgewiesen worden (wir berichteten). Nun also die erneute Bestätigung.
Hochpreisiger Neubau findet statt und kann in Form von Stadtvillen bewundert werden, die schon für den Durchschnittsverdiener unerschwinglich sind. Doch preiswerter Wohnraum wird immer knapper. Dafür sorgt zum einen die auslaufende Sozialbindung früher öffentlich geförderter Sozialwohnungen. Ersatz dafür wurde nicht geschaffen. Zum anderen sorgen Modernisierung und energetische Sanierung dafür. Sie sind ein prächtiges Geschäft für die Dämmstoffindustrie und das Alibi für kräftige Mietsteigerungen. Die versprochenen Einsparungen bei den Energiekosten werden nicht überprüft, sondern nur behauptet. In der versprochenen Höhe treten sie in der Regel gar nicht ein. Vielen Mietern bleibt nur der Auszug. Auch die Studie spricht von „preisbedingten Verdrängungseffekten“ in Minden.
Die Mieten, die bei Hartz-IV-Empfängern übernommen werden, sind in Minden kaum zu finden. Hartz-IV-Empfänger und Menschen mit Grundsicherung werden abgeschoben in Wohnungen, die in Außenbezirken oder an lauten stark befahrenen Straßen liegen und die einen hohen Sanierungsbedarf haben. Sie sind ungesund und verursachen hohe Nebenkosten. Leider hat die Studie diese Art des Wohnraums nicht näher untersucht. Sie hätte eine Menge von wohnunwürdigen Häusern entdecken können!
Die Studie stellt fest, dass mehr als jeder vierte Einwohner Mindens zu den Niedrigverdienern zählt, auf Hartz-IV, Grundsicherung oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen ist. Hinzu kommen noch eine Menge Studierende, die ebenfalls billige Wohnungen brauchen. Es dürften insgesamt noch etliche mehr sein. Denn viele ältere Menschen verzichten aus Scham auf die ihnen zustehende Grundsicherung. In Minden sind zudem Niedriglöhne und unfreiwillige Teilzeitarbeit weit verbreitet. Und ohne Rücknahme all der Rentenkürzungen der vergangenen Jahre wird die Altersarmut rasant zunehmen.
Dieser Entwicklung trägt die Studie nur zum Teil Rechnung. Damit wird der errechnete neu zu schaffende preiswerte Wohnraum den Notwendigkeiten nicht gerecht. Denn die Studie geht davon aus, dass nur für jeden fünften, der auf preiswerten Wohnraum angewiesen ist, weiterhin preiswerter Wohnraum geschaffen werden muss. Die anderen seien ja versorgt – auf welche Art interessiert plötzlich bei der Berechnung nicht mehr. Ist das auf die enge Zusammenarbeit der Autoren mit den Wohnungsunternehmen wie der Wohnhaus GmbH zurückzuführen? Private Wohnungsunternehmen haben ein Interesse an der Knappheit des Wohnraums. Nur dann lassen sich höhere Mieten und zusätzliche Abgaben für Kellerverschläge und Parkplätze durchsetzen.
Die Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung sind außerdem veraltet. Bisher gingen die bundesweiten Prognosen von einem künftigen Rückgang der Bevölkerung aus. Für Minden wurde eine eher stagnierende Tendenz angenommen. Doch jüngst hat das Statistische Bundesamt die Annahmen verändert: Es wird keinen Rückgang geben. Und das muss auch örtlich Konsequenzen haben. Für die Anzahl der benötigten Wohnungen und für die Infrastruktur.
Manche Vorschläge des Handlungskonzepts sind sinnvoll. So wird die vorgesehene Quartiersentwicklung in Bärenkämpen mit dem geplanten Nachbarschaftszentrum und dem Stadtteilmanagement unterstützt. Ähnliches wird für Dankersen vorgeschlagen.
Andere Maßnahmen sind eher Scheinlösungen: Die Stadt soll Grundstücke kaufen und gezielt weiterverkaufen. Und zwar nicht an den Höchstbietenden, sondern an den, der dem Entwicklungs- Konzept entspricht. Damit ließe sich durchsetzen, dass eine bestimmte Anzahl der Wohnungen öffentlich gefördert sein müssen. Hört sich an wie eine Lösung. Doch derartige Förderungen laufen aus und damit fällt auch die Mietpreisbindung weg. Somit ist das nicht dauerhaft. Es ist eine Form der Subventionierung des privaten Wohnungsbaus, verbunden mit künftiger Mietervertreibung.
Der Vorschlag, die Stadt möge die Wohnquartiere aufwerten, indem sie das Wohnumfeld verbessert, wirft Fragen auf. Einerseits ist das sehr sinnvoll. Andererseits besteht die Gefahr, dass mit städtischen Geldern die Quartiere der Wohnungsgesellschaften aufgewertet werden und die Mieter anschließend die „Aufwertung“ mit höheren Mieten bezahlen müssen. Das wäre der normale kapitalistische Verwertungsgang. Wir werden dem „Forum Wohnen“, in dem die Stadt mit den Wohnungsgesellschaften zusammenarbeiten soll, auf die Finger gucken müssen, um solche Folgen zu verhindern.
Die Mindener SPD verfolgt seit einigen Jahren die Politik der Rekommunalisierung. Wurden mit Hilfe der SPD-Mehrheit bei aktiver Unterstützung durch CDU und FDP 2001 die Stadtwerke, die Wasserversorgung und 2005 auch die städtische Wohnhaus verscherbelt, so wird nun endlich die Kehrtwende vollzogen. Die SPD hat bisher dem Handlungskonzept Wohnen noch nicht zugestimmt, weil es einen Beschluss der SPD Minden zur Errichtung einer städtischen Wohnungsgesellschaft gibt, der im Vorschlag nicht enthalten ist. Darin gibt es nur den Hinweis, dass mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft mehr Einfluss genommen werden kann. Das ist völlig richtig.
Nicht der Weiterverkauf von Grundstücken, sondern ihr Besitz und die Nutzung für eigenen kommunalen Wohnungsbau ist das einzig Sinnvolle. Wichtig sind allerdings die Ziele dieser städtischen Wohnungsgesellschaft. Die Ziele müssen auf die Bereitstellung von preiswertem und zugleich gutem Wohnraum ausgerichtet sein und auch künftig niedrige Mieten garantieren. In der Wohnungsgesellschaft müsste die Mitbestimmung der Mieterinnen und Mieter verankert sein.
Leider könnten sich hier die Fesseln des sogenannten Stärkungspakts Stadtfinanzen als hinderlich erweisen. Wir stellen erneut fest: Mehr Geld für die Städte ist zwingend notwendig. Nur dann kann eine Kommunalpolitik zum Wohle der Menschen mit und ohne Arbeit wirklich umgesetzt werden.
Das Handlungskonzept Wohnen verbleibt in der Logik kapitalistischer Profitvermehrung. Investoren müssten „angelockt“ werden, ihnen müssten günstige Renditemöglichkeiten organisiert werden. Und sei es mit verbilligten Grundstücken, mit der Erlaubnis, mehrstöckig zu bauen oder die Bebauung zu verdichten (und damit Grünflächen zu vernichten). Diese Logik schafft nicht nur keine Lösungen, sondern sie ist die Wurzel des Übels.
Private Investoren bauen nur dann Wohnungen, wenn sie für ihr investiertes Kapital mindestens die übliche Rendite erhalten. Sonst wird nicht gebaut. Daher versorgt der kapitalistische Wohnungsmarkt nur die Besserverdienenden und nicht Menschen mit durchschnittlichem oder geringem Einkommen. Die Rendite, die von Wohnungseigentümern, von Investoren und Banken beansprucht wird, verhindert das.
Die derzeitigen Mietgesetze verhindern höchstens Wuchermieten. Ansonsten sind sie Mieterhöhungsgesetze. Auch die Mietspiegel orientieren sich an den Neuvermietungen, die in der Regel immer teurer werden.
Ein sozialer Wohnungsbau, der diesen Namen auch verdient, muss dauerhaft preiswerte Mieten garantieren. Den kann es nur geben, wenn die Kapital- und Bankprofite ausgeschaltet werden. Sozialer Wohnungsbau muss vollständig aus staatlichen Mitteln finanziert und ausschließlich mit gemeinnützigen Trägern verwirklicht werden.
Das Bodenrecht gehört grundlegend verändert. Grund und Boden gehörten der ausschließlich auf Rendite orientierten privaten Verfügung entzogen und in demokratisch kontrolliertes Eigentum überführt. Dann sind auch hohe Grundstückspreise kein Hindernis mehr. Denn die Mieten sind nicht hoch, weil die Grundstücke so teuer sind. Es ist umgekehrt: Die Erwartung einer hohen Rendite, also hoher Mieteinnahmen bestimmt die Höhe der Grundstückspreise. Das ist kein Naturgesetz.
Wien ist die Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Mit sehr viel Grün. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (60 Prozent) wohnen in einer Mietwohnung oder der Wohnung einer Mietkooperative. In einer Sozialwohnung zu leben ist Normalität.
In der revolutionären Zeit nach dem ersten Weltkrieg hatte Wien eine sozialistische Stadtregierung. Sie begann die elenden Wohnverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung zu verändern. So wurden im Roten Wien sehr viele, aber auch schöne Wohnungen gebaut, auf Architektur und Infrastruktur wurde von Anfang an sehr viel Wert gelegt. Als größter Besitzer von Grundstücken kann die Stadt auch heute noch selbst beschließen, was und wo etwas entwickelt wird. Die Grundstücksspekulation ist nahezu chancenlos. Die Mietpreise sind niedriger als in anderen Hauptstädten. Mieter und Mieterschutzbünde sind aktiv an der Wohnungspolitik und an der Stadtplanung beteiligt.
Das Beispiel zeigt: eine andere Wohnungspolitik ist heute möglich! Eine lebenswerte Stadt für Alle ist keine Utopie.
Wohnungsbau in kommunaler Verantwortung und als Teil sozialstaatlicher Vorsorge hat es in Graz vor allem in der Zwischen- und Nachkriegszeit gegeben. Die Gemeindewohnungen bieten ihren Bewohnerinnen und Bewohnern auch heute noch dauerhaften, sicheren und bezahlbaren Wohnraum. Niemand zahlt mehr als ein Drittel seines Einkommens für Miete, Nebenkosten und Heizung. Der Anteil dieser Wohnungen ist in Graz allerdings geringer als in Wien: Nur für jeden Zehnten stehen sie zur Verfügung.
Es gelang, den Verkauf der Wohnungen zu verhindern und ihre Renovierung durchzusetzen. Geholfen hat öffentlicher Druck, bei dem die österreichischen Kommunisten aktiv waren, die in der Grazer Stadtregierung das Wohnraumressort innehaben. In den letzten Jahren konnte durchgesetzt werden, dass die Stadt wieder Grundstücke aufkauft und neue Gemeindewohnungen errichtet.
Diese Beispiele beweisen, dass eine andere Wohnungspolitik möglich ist und Teil des Ringens um eine alternative Politik ist. Alternativ zum Sozialabbau, zur Privatisierung, zur Förderung der Profitmacherei, zur Umverteilung von Unten nach Oben und zu steigenden Militärausgaben.
DKP Minden, Februar 2017