Kommunale Finanzen und die Alternativen der DKP
Wirtschafts- und Sozialpolitik
Die öffentliche Armut ist kein Schicksalsschlag, der über uns hereingebrochen ist. Sie ist Folge handfester politischer Entscheidungen. Es sind handfeste Interessen, die diese Politik leiten.
Ziel Nummer 1: Die Kahlschlagpolitik und der Ausverkauf der Städte und Gemeinden soll die Umverteilung, die weitere Reichtumspflege auf unsere Kosten gewährleisten.
Die ALDI-Brüder nennen 28 Milliarden Euro ihr eigen. Das Geldvermögen der Millionäre und Milliardäre wuchs in den vergangenen Jahren um 10 Prozent jährlich. (German Wealth Report). Ein halbes Prozent der Bevölkerung besitzt ein Viertel des gesamten Vermögens. Das sind 365 000 Euromillionäre. Der vorhandene Reichtum ist groß. Seine Verteilung immer skandalöser.
Steuereinnahmen brechen weg.
Steuern
zahlen in diesem Lande nur noch die Dummen. Das sind die Lohnsteuerpflichtigen
und die Verbraucher. Konzerne, Unternehmer und die Reichen dürfen
ihr Vermögen für sich behalten. 50 Milliarden Gewinnsteuern führten
sie in den vergangenen zwei Jahren weniger ab als noch im Jahr 2000.
Die Politik der Reichtumspflege, die vorher die Kohl-Regierung 16
Jahre lang gepflegt hatte, wird von der Schröder-Fischer-Regierung
auf die Spitze getrieben. Was erarbeitet wird, fließt in die Tresore
der Großunternehmen und Banken. Kapital ist unersättlich. Es hat den
"Sozialstaatskompromiss" längst aufgekündigt. Die Kehrseite des privaten
Reichtums ist die öffentliche Armut.
Kommunen im Würgegriff der Banken
Über die öffentlichen Schulden und Zinszahlungen wird laut geklagt.
Zu Recht. Machen letztere im Mindener Haushalt doch jährlich etwa
8 Millionen Euro aus. Darin sind die Zinszahlungen der städtischen
Tochterunternehmen MVV und MEW noch gar nicht enthalten. Gleichzeitig
wurden aber jene, die von diesen Zinsen profitieren, mehr und mehr
von allen Steuern befreit. Und damit sind die Zinsen eine Pumpe, die
das Geld von unten nach oben strömen lässt. Banken und Versicherungen
bedienen diese Pumpe zum eigenen Vorteil und dem der Superreichen.
Alle Einschränkungen und "Einsparungen" haben nur das Ziel, diese
Zinszahlung pünktlich zu gewährleisten. Würden die Zinszahlungen zumindest
für eine Weile eingestellt oder würden die Zinsen gesenkt werden,
hätten die Städte und Gemeinden auf einen Schlag eine Menge Geld.
Ziel Nummer 2: Die Kahlschlagpolitik und der Ausverkauf sollen die geplante Aufrüstung der Bundeswehr zur weltweiten Interventionsarmee finanzieren.
Entgegen vielen Verlautbarungen: Der Etat des Verteidigungsministeriums bleibt nicht nur von Kürzungen verschont, sondern wird erhöht. Allein in diesem Jahr waren für Investitionen in neues Kriegsgerät über 800 Millionen Euro mehr vorhanden als im Vorjahr. Die Kosten für Auslandseinsätze werden aus dem Etat "Allgemeine Finanzverwaltung" bezahlt. Weitere Steigerungen sind geplant. Alle vorgesehenen Neuanschaffungen werden in den nächsten 20 Jahren 140 bis 150 Milliarden Euro kosten. Diese ungeheuren Mittel müssen irgendwoher kommen. Sie kommen aus den angeblich nicht mehr bezahlbaren Sozialleistungen und den geplünderten Kommunen.
Ziel Nummer 3: Der Zugriff des Kapitals auf das öffentliche Eigentum soll durch die öffentliche Armut erzwungen werden.
Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wird ein Abkommen namens GATS verhandelt. Es sieht die weltweite umfassende Privatisierung von Dienstleistungen vor. Auf der Liste stehen die Wasserversorgung, Gesundheit, Bildung und vieles mehr. Es ist ein Verdienst der globalisierungskritischen Bewegung, diese Verhandlungen aus dem Dunkel von Geheimverhandlungen an das Licht der Öffentlichkeit gebracht zu haben. Denn auch die Berliner SPD/Grünen-Regierung ist aktiv an diesen Verhandlungen beteiligt und informierte nicht einmal die Abgeordneten.
Die Ergebnisse dieser Verhandlungen sollen unverrückbare Fakten schaffen. Ein Zurückholen einmal erfolgter Privatisierungen soll nicht mehr möglich sein. Die öffentlichen Dienstleistungen, auf die alle angewiesen sind, die sich Schwimmbäder, Kinder- und Jugendbetreuung, Beratungen und dergleichen nicht selber leisten können, sollen zum Verschachern freigegeben werden müssen.
Die Banken und Beratungsfirmen, die die Privatisierungen vermitteln, verdienen daran gut. Kein Wunder, dass sie auf noch mehr Verkauf drängen.
Enteignung der Städte
Alles
soll, wenn es nach dem Wunsch des Großen Kapitals geht, privatisiert
werden. So fordert der Unternehmerverband BDI in seinem 10-Punkte-Programm
"Weitere Privatisierungen vor allem auf kommunaler Ebene". Den großen
Unternehmen ist die öffentliche Daseinsvorsorge schon immer ein Dorn
im Auge gewesen. Setzte sie doch ihrem schrankenlosen Verwertungsinteressen
gewisse Grenzen.
Die kommunale Selbstverwaltung wird ausgehebelt. Städte und Gemeinden sollen nur noch nach der Pfeife der Unternehmerinteressen tanzen. Sogar der öffentliche Raum wird inzwischen vermietet wie in Minden bereits geschehen.
Solange in Europa nebenan der Sozialismus existierte, mussten die Herrschenden darauf Rücksicht nehmen. Sie wollten seine Ausstrahlung eingrenzen. Eine gewisse soziale Kompromissbereitschaft war angeraten. Seit dem Ende der DDR und der Sowjetunion aber sind sie hemmungslos geworden.
Nun drängt das Kapital danach, in möglichst alle Lebensbereiche vorzudringen. Neue Anlagemöglichkeiten sollen erschlossen und möglichst die gesamte Gesellschaft der betriebswirtschaftlichen Sichtweise untergeordnete werden Alternativen sollen ausgeblendet und nicht mehr denkbar werden.
W i d e r s t a n d i s t m ö g l i c h
Doch es beginnt sich dagegen Widerstand zu entwickeln. Weitere Kürzungen bedeuten jetzt das Ende von vielen Einrichtungen mit ihren Arbeitsplätzen und ihrer Angeboten. Das beginnen mehr Beschäftigte und ihre Gewerkschaft ver.di und auch größere Teile der Bevölkerung zu erkennen. Forderungen nach einer Änderung der Steuerpolitik, u.a. nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer werden lauter. Das kann ein erster wichtiger Schritt sein, um mit der Durchsetzung einer anderen Politik zu beginnen.
Sie kann nur gegen das Große Kapital und seine Helfer in Politik und Medien durchgesetzt werden. Dafür sind breite Bündnisse mit klaren Forderungen und einem langen Atem notwendig.
Das Kapital stellt mit der Enteignung der Städte und damit der Bürgerinnen und Bürger die Eigentumsfrage. Es macht damit deutlich, wie wichtig diese Frage für die Verfasstheit einer Gesellschaft ist. Auch wir müssen die Eigentumsfrage wieder stellen. Damit der Mensch mehr sein kann als ein Rädchen in der Kapitalverwertung. Damit nicht andere darüber verfügen, ob seine Arbeitskraft zu immer schlechteren Bedingungen und längeren Arbeitszeiten ausgepresst oder einfach für überflüssig erklärt werden soll. Große Unternehmen und Banken, die Kommandohöhen der Wirtschaft müssen demokratisch kontrolliert und Bereiche wie z.B. Gesundheit und Wohnen der Kapitalverwertung entzogen werden.
September 2003