Minden gehört uns - nicht den Banken! Forderungen für Minden
Kommunale Finanzen und die Alternativen der DKP
Wirtschafts- und Sozialpolitik
DKP Minden, November 2020
Die DKP diskutierte des Leitantrag des Parteivorstandes zum 22. Parteitag und erarbeitete dazu eine Stellungnahme.
Die DKP Minden positionierte sich auch zum Antrag des Parteivorstandes zur Parteistärkung.
Die DKP Minden lehnt in ihrer Stellungnahme den Beschluss der 9. Parteivorstandstagung einhellig ab, den Bezirk Südbyern aufzulösen und fordert die Rücknahme.
Mit Besorgnis haben wir die Ankündigung der 5. PV-Tagung gelesen, mit „organisationspolitischen Maßnahmen“ auf Genossinnen und Genossen zu reagieren, die mit den Ergebnissen und den Orientierungen des letzten Parteitages nicht übereinstimmen.
Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten bestehen seit dem Zusammenbruch des realen Sozialismus in Europa. Trotzdem ist es bis heute gelungen, die DKP als kommunistische Partei zu erhalten. Wir werden auf längere Zeit mit diesen Differenzen leben müssen. Ihre Überwindung erfordert nicht nur geduldiges Diskutieren und Einander-Zuhören, sondern auch eine Menge theoretischer Arbeit, um die neuen ökonomischen, politischen und ideologischen Entwicklungen zu erfassen und unsere Strategie und Taktik darauf abzustellen. Sie erfordert, die Erfahrungen der Praxis gründlich auszuwerten und uns stärker als bisher um das subjektive Bewusstsein unserer Bevölkerung in seiner Widersprüchlichkeit zu kümmern. Sie erfordert eine ungeschönte Analyse der Kräfte der Partei. In allen diesen Aspekten sehen wir große Defizite.
Wir haben den Eindruck, dass die Orientierung auf flächendeckende Eigenkandidaturen zum Ersatz wird für die gründliche Analyse und aktiven Unterstützung der vorhandenen Bewegungen wie z.B. dem breiten antimonopolistischen Widerstand gegen TTIP/CETA/TiSA, der Entwicklungen in den Gewerkschaften und das Bemühen um breite Bündnisse, die eine weitere Rechtsentwicklung aufhalten, das Kräfteverhältnis in unserem Land verändern und die Voraussetzungen für eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt schaffen können. Stattdessen beschäftigt sich ein Großteil der PV-Referate mit angeblichen Gefahren durch „Abweichler“.
Die Lebenswelten und politischen Erfahrungen unserer Gen. sind sehr verschieden, was sich auch in ihren politischen Schlussfolgerungen niederschlägt. Die „große Klammer“ wie früher z.B. das Vertrauen auf den gesellschaftlichen Fortschritt und den Vormarsch des Sozialismus fehlt heute nach der Niederlage. Das führt zur Verstärkung der Differenzen und zu verschiedenen Suchbewegungen, wie aus der Misere herauszukommen ist – zusätzlich getrieben durch die drohende Überalterung.
Angemessene Formen des Umgangs miteinander wurden u.E. auf der Ebene der Gesamtpartei nicht gefunden. Etikettierungen ersetzten zunehmend gründliche Debatten. Scholastik trat an die Stelle aktueller wissenschaftlicher Bemühungen, die heutige Welt zu erfassen. Differenzen wurden zu Machtkämpfen. Die Atmosphäre der letzten Parteitage erlebten unsere Delegierten als erschütternd. Die vorhandenen Gräben seitens des PV noch weiter zu vertiefen wäre für die DKP existenzgefährdend.
Organisationspolitische Maßnahmen werden voraussichtlich zu weiteren Verlusten von Mitgliedern führen, bei uns insbesondere bei den noch gewerkschaftlich und betrieblich Aktiven. Das können wir uns nicht leisten.
DKP Minden, Oktober 2016
1. Seit ihrer Gründung hat die DKP ihre Strategie danach ausgerichtet, das Kräfteverhältnis zu verändern, um die Interessen der arbeitenden Bevölkerung durchzusetzen und im Kampf um die Zurückdrängung und Überwindung der Macht der Monopole einen Weg zum Sozialismus zu öffnen. Unser nächstes strategisches Ziel ist seit 1978 der Kampf um eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt. Die Orientierung auf breite Bündnisse mit der Arbeiterklasse als Kern ist integraler Bestandteil dieser Strategie.
Auch nach der Krise der Partei im Zuge der Niederlage der sozialistischen Staaten in Europa konnte sich diese Orientierung gegen rechts- und linksopportunistische Tendenzen durchsetzen. Dabei halfen eine realistische Einschätzung der veränderten gesellschaftlichen Situation und der Kräfte der Partei. Das Programm von 2006 konnte nach jahrelangen kontroversen Debatten mit großer Mehrheit verabschiedet werden.
Heute fordern einige bereits offen die Revision der Strategie der Partei, andere – die das Programm vorher entschieden bekämpft haben - beteuern das Festhalten an ihm, revidieren es aber durch Beschlüsse, die sie als „Präzisierung“ bezeichnen und die an seine Stelle treten sollen. Der vom 21. Parteitag beschlossene Leitantrag und die Handlungsorientierung beinhalten solche „Präzisierungen“.
- Die Betrachtung der EU als Raum der Klassenkämpfe wird ersetzt durch die Forderung nach dem Austritt aus der EU
- Die in langen Diskussionen erarbeitete differenzierte Sicht auf die Erfolge und Probleme des realen Sozialismus und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen wie die Rolle der Demokratie werden negiert.
- Die aus der kritischen Sicht auf die eigene Parteigeschichte erfolgte Betonung des demokratischen Elements in der Organisation wird zugunsten eines Rückfalls in den Zentralismus aufgegeben. Der Begriff der „marxistisch-leninistischen Partei“ wurde eingeführt, ohne ihn zu definieren und unter Missachtung aller Warnungen vor dem immer noch existierenden KPD-Verbot.
- Die Orientierung auf eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt, d. h. auf die Veränderung des Kräfteverhältnisses (die zwar noch keinen Sozialismus darstellt, wohl aber einen wichtigen Schritt in diese Richtung) wird fallengelassen und als Antwort auf die Bedrohungen der Gegenwart die Stärkung der Partei genannt. Aber die Stärkung der DKP wird nur über das Ringen um die Veränderung des Kräfteverhältnisses, über ihre Verankerung als verlässliche und vorwärtstreibende, ideenreiche und lernende Kraft in Gewerkschaften und Bewegungen zu erreichen sein.
Wer die Orientierung auf die Durchsetzung einer anderen Politik aufgibt, verlässt das Parteiprogramm und die gesamte bisherige Programmatik der DKP. Wer den ideologischen Kampf gegen den Reformismus höher gewichtet als die praktische Zusammenarbeit mit reformorientierten Kräften missachtet die Erfahrungen der kommunistischen Bewegung unseres Landes. Bekenntnisse treten an die Stelle realistischer Analysen unserer Handlungsmöglichkeiten. Diese Entwicklung gefährdet die Politik- und Zukunftsfähigkeit unserer Partei.
2. Die umfassende tiefe Systemkrise des Kapitalismus gefährdet das Überleben der Menschheit. Die chronische Überakkumulation verschärft vielfältige Probleme; die imperialistische Logik verhindert Auswege aus Umwelt- und Klimakatastrophen, Hunger und Verelendung. Angriffe auf alle erkämpften sozialen und demokratischen Rechte, Kriege um Ressourcen und geostrategische Interessen lassen erkennen, dass die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ lautet. Im Zuge der Flüchtlingsbewegungen erleben wir eine gefährliche Militarisierung der Innen- und Außenpolitik. Terroristische Anschläge werden zur Verstärkung der Repressionen seitens des Staates und der Aufrüstung genutzt.
Doch Widerstände entwickeln sich an vielen Orten und Themen und in vielfältigen Formen. Die Konzerne als Verursacher der Probleme geraten zunehmend in den Blick, antikapitalistische Einstellungen entwickeln sich in Ansätzen. Das sind Chancen und Herausforderungen für die Entwicklung der Politikfähigkeit unserer Partei.
3. Die Gewerkschaften in unserem Land entwickeln sich widersprüchlich. Das Ringen um Mitglieder kann vor dem Hintergrund von veränderten Branchen- und Betriebsstrukturen, die nicht mehr zu den traditionellen Organisationsbereichen der DGB-Gewerkschaften passen, zu sich vertiefenden Gräben zwischen Einzelgewerkschaften führen und damit die gesamte Durchsetzungsfähigkeit schwächen. Auf allen Ebenen kann und muss dem durch Kooperation entgegengewirkt werden.
Sozialpartnerschaftliches Standort-Denken als Reflex auf die verschärfte internationale kapitalistische Konkurrenz macht Belegschaften erpressbar und führt immer nur zu kurzfristigen Absicherungen eines Teils der Beschäftigten auf Kosten Anderer; die Einhaltung der Zusagen hängt zudem von der Willkür der Kapitalseite ab. Überwunden werden kann dieses Denken nur durch erlebte nationale und internationale Zusammenarbeit der Beschäftigten. Das unterstreicht die Notwendigkeit, Europa als Raum von Klassenkämpfen zu betrachten. Mut machen gewerkschaftliche Beschlüsse für ein anderes Europa und für grenzüberschreitende Solidarität. Sie gilt es mit Leben zu erfüllen.
Wir erleben zugleich eine Revitalisierung der Gewerkschaftsarbeit, insbesondere in den Dienstleistungssektoren. In vielen Betrieben tritt eine neue Generation von Betriebsräten an, die zumindest auf betrieblicher Ebene aktive Formen der Interessenvertretung anstreben. Die Zurückdrängung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und internationale Solidarität gegen das Unterlaufen von sozialen Standards müssen sogar von Vertretern des Standort-Gedankens betrieben werden, wenn sie ihre Organisationsmacht nicht verlieren wollen. Die vom Gewerkschaftstag der IGM beschlossene Wiederaufnahme der Diskussion über Rüstungskonversion ist zu unterstützen.
Der Neoliberalismus als sozialreaktionäre Ideologie und Politik wird zunehmend in Frage gestellt und die dahinter stehenden Konzerninteressen gesehen. Die Diskussionen um gesellschaftliche Alternativen thematisieren vorrangig die Verteilungs- und die Demokratiefrage. Sie bewegen sich zunächst im Rahmen reformerischer Alternativen zur herrschenden Politik. Entscheidend wird sein, diese Diskussionen zu verbreitern, antimonopolistische Einsichten zu fördern und im aktiven Handeln umzusetzen. Die Verteilungsfrage, das Eintreten für eine Millionärssteuer wird zu einer zentralen Frage, um zu verhindern, dass rechte bis faschistische Kräfte Ängste der Bevölkerung im Zuge des Zuzugs von Flüchtlingen schüren und die Flüchtlinge zu Sündenböcken gesellschaftlicher Missstände machen können.
Die Debatte um Arbeitszeitpolitik beginnt sich wieder zu entwickeln. Die Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit und damit einhergehende gesundheitliche Gefährdungen führen dazu. Auch die Veränderungen der Arbeitswelt unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ werfen das Thema auf. Diese Ansätze gilt es zu vertiefen und um die Forderung nach einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich zu erweitern.
In den kommenden Jahren sind große Umbrüche in der Arbeitswelt zu erwarten. Die systematische Anwendung der IKT wird als Rationalisierungsinstrument eingesetzt. Die Entwicklung der Technik führt im heutigen Kapitalismus zur weiteren Zerstörung der Hauptproduktivkraft Mensch und der Natur. Der Wunsch nach „guter Arbeit“ wird sich für einen wachsenden Teil als Illusion erweisen. Die kapitalistische Konkurrenz wird verschärft. Enorm wachsen werden der Anteil prekärer Arbeitsverhältnisse, die Verdichtung der Arbeit und das Überflüssigmachen von lebendiger Arbeit. Es drohen die Totalüberwachung und die Verhaltenskontrolle in und außerhalb der Arbeit. Die Destruktivität der Produktivkraftentwicklung wird am deutlichsten in ihrer militärischen Anwendung. Die Notwendigkeit gesellschaftlicher Kontrolle und Planung der Produktivkraftentwicklung drängt sich auf. Über die betriebliche Interessenvertretung hinaus müssen wir die gesellschaftlichen Aspekte betonen, gemeinsam mit anderen Kräften Antworten suchen und für die weitere Entwicklung unserer Sozialismus-Vorstellungen nutzen.
Weit verbreitet ist der Unglaube an die Veränderbarkeit der Zustände und erst recht an der Überwindbarkeit des Kapitalismus. Angesichts weithin fehlender Erfahrungen von Kämpfen und erst recht von Erfolgen ist heute Solidarität zu entwickeln und erlebbar zu machen, ist die Isolation von betrieblichen Auseinandersetzungen zu überwinden, sind auch Teilerfolge zu würdigen. Wer die Verteidigung des Erreichten und Reformen nicht für durchsetzungsfähig hält, wird für den Sozialismus erst recht nicht zu gewinnen sein; vor dem Hintergrund der Niederlage des Sozialismus in Europa schon gar nicht. Hoffnungen auf Veränderungen und Vertrauen auf die eigene Kraft bilden den Nährboden für linke politische Überzeugungen. Solange sie nicht reifen, wird nur propagandistisches Hineintragen von Klassenbewusstsein fruchtlos bleiben. Erkenntnis geht aus der Praxis hervor und führt natürlich verändernd auf sie zurück.
4. Soziale Bewegungen sind oft schneller als Gewerkschaften in der Lage, gesellschaftliche Probleme aufzugreifen. Sie können zur Politisierung der Gewerkschaften beitragen. Das war z. B. überall dort zu beobachten, wo es gelang, die Diskussion über die Folgen von TTIP & Co in den Gewerkschaften zu führen und dabei die Interessen der Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen.
Angesichts einer sehr differenzierten und zersplitterten Arbeiterklasse und lohnabhängigen Mittelschichten gewinnen soziale und demokratische Bewegungen eine wachsende Bedeutung, um diese Gruppen in die Auseinandersetzungen einzubeziehen und nicht rechtspopulistischen bis faschistischen Kräften zu überlassen. Der noch bestehende Mangel an Kraft von sozialen Bewegungen, der fehlende Kampf gegen die Austerität auf allen Ebenen eröffnet Erscheinungen wie „Pegida“ Raum zur Entfaltung.
Gewerkschaften und gesellschaftliche Bewegungen werden nur gemeinsam das gesellschaftliche Kräfteverhältnis verändern. Sie werden nur gemeinsam TTIP & Co verhindern können. Dieser Widerstand gehört zu den derzeit wichtigsten Bewegungen und muss fortgeführt und ausgeweitet werden. Mit TTIP & Co sollen die Rechte transnationaler Konzerne über die von Staaten gestellt und damit die Möglichkeiten demokratischen Widerstandes ausgehebelt werden. Gefährliche geopolitische Blockbildungen werden vorangetrieben.
Die Arbeit sowohl in Gewerkschaften als auch in Bewegungen ist unerlässlich für die Herausbildung von durchsetzungsfähigen gesellschaftlichen Allianzen, um eine Wende zu demokratischem und sozialen Fortschritt zu erreichen. Es gibt bei vielen Gruppierungen große Schnittmengen an demokratischen und sozialen Forderungen. Unterentwickelt sind Formen des demokratischen Umgangs, bei dem die Gemeinsamkeiten und nicht das Trennende in den Vordergrund gestellt werden. Dominanzverhalten behindert den kameradschaftlichen Meinungsstreit. Mangelnde Einsicht in die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit auf lange Sicht steht der Bildung stabiler und umfassenderer Bündnisse entgegen. Gewerkschafter und Betriebs- und Personalräte können eine stabilisierende Rolle in Bündnissen einnehmen. Hier haben wir als Genossinnen und Genossen eine große Verantwortung, aktiv für die Ziele des Bündnisses einzutreten, eigene Positionen einzubringen und partnerschaftlich, geduldig und selber lernend aufzutreten.
5. Das Programm von 2006 beschreibt Europa als einen Raum der Klassenkämpfe. Angesichts eines koordinierten Angriffs auf die sozialen, demokratischen und Arbeitsrechte in Europa ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unverzichtbar. Sie hat im Jahr 2004 zu einem großen Erfolg in der Abwehr von Verschlechterungen geführt, als Port Package verhindert wurde. Erinnert sei auch an die Auseinandersetzung um die Bolkestein-Richtlinie und die Abwehr der Wasserprivatisierung. Der breite Widerstand gegen TTIP/CETA/TiSA ist ohne europaweite Vernetzung nicht denkbar.
Die DKP hat schon damals den Maastricht-Vertrag als vertragliche Grundlage für die Vorherrschaft des deutschen Kapitals über die Wirtschaft und Politik der übrigen europäischen Staaten beurteilt. Der Umgang mit der Syriza-Regierung hat das offengelegt. Die Berliner Regierung setzt dabei nicht nur die Interessen der in Deutschland beheimateten Konzerne durch; die Austeritätspolitik ist im Grundsatz identisch mit den Wünschen des Round Table of European Industrialists (ERT) und des europäischen Unternehmerverbandes BUSINESSEUROPE und wird von den maßgeblichen Kräften der nationalen Bourgeoisien der Länder der EU unterstützt.
Angesichts der Stärke und der internationalen Vernetzung des Gegners ist die internationale Zusammenarbeit in maximaler Breite zu realisieren. Die heutzutage möglichen wirtschaftlichen und finanztechnischen Sanktionen, die „Solidaritätsklausel“ des Lissabon-Vertrages und die Stärkung und Vernetzung der Repressionsorgane auf europäischer Ebene können gegen jeden nationalen Alleingang in Stellung gebracht werden. Die Erpressung Griechenlands, die drohende Strangulierung des Zahlungsverkehrs durch die EZB hat das in aller Deutlichkeit gezeigt. Im Rahmen der europäischen Verträge sind Veränderungen kaum möglich. Der Umgang mit der griechischen Regierung zeigt, dass die Spielräume äußerst eng sind.
Falsch allerdings ist es, auf den Kampf für ein demokratisches, soziales und friedliches Europa, für eine Alternative zum Europa der Banken, Konzerne und Militärs zu verzichten. Die DKP hat sich stets für ein alternatives Konzept für Europa eingesetzt. Auch auf europäischer Ebene gilt, dass der Kampf um Reformen die Machtverhältnisse verändern und einen Weg zum Sozialismus öffnen kann. Grundlage für eine Veränderung der Politik in Europa ist die Veränderung der Kräfteverhältnisse in möglichst vielen Ländern. Gemeinsame zentrale Forderungen bieten die Grundlage für Solidarität. So kann verhindert werden, dass die Rechte den Unmut über die europäische Politik für sich nutzen kann und ihr bedrohliches Wachstum anhält. So sinnvoll die Debatte um den Euro ist, so wenig hilfreich ist eine Fixierung darauf. Erst bei veränderten Kräfteverhältnissen werden verschiedene Wege von Veränderungen des Währungssystems zu mehr als akademischen Fragen.
Massive internationale Solidarität muss bereits organisiert werden, um schon den Versuch zu unterstützen, auch nur ansatzweise aus der Austeritätspolitik auszubrechen. Dabei haben die demokratischen Kräfte unseres Landes eine besondere Verantwortung. Am Umgang mit diesen Versuchen erweist sich, wie ernst wir es mit dem Kampf für eine Wende zu sozialem und demokratischem Fortschritt meinen. Das schließt die Kritik an Halbheiten nicht aus; aktive kritische Solidarität ist die Konsequenz.
Die Arbeiterklasse ist unter den Bedingungen der Internationalisierung der Produktion bei der Fixierung auf den eigenen nationalen Rahmen nur bedingt durchsetzungsfähig bis wehrlos. Alternativen zur Standortlogik können damit nicht entwickelt werden, nur durch internationale Kooperation werden sie erfahrbar. Der nationale Rahmen wird auch künftig für die Auseinandersetzungen wesentlich sein. Aber eine Verengung auf ihn bedeutet die Isolation der Kämpfe.
6. Das Programm von 2006 beinhaltet eine Zwischenbilanz der kritischen Aufarbeitung der Erfahrungen des realen Sozialismus und der Ursachen seiner Niederlage. Die massiven Verletzungen des humanistischen Wesens des Sozialismus werden darin verurteilt.
Versuche, diese Aussagen zu revidieren oder Stalin kritiklos als Theoretiker wiederzuentdecken stellen eine Revision des Programms dar. Überzeugende Sozialismusvorstellungen können nur auf einer differenzierten Sicht auf den früheren realen Sozialismus aufbauen und müssen aus den heutigen Anforderungen entwickelt werden. Die wissenschaftlich-technische Revolution, die weitere Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik mit ihren ungeheuren destruktiven Gefahren erzwingt antimonopolitische Veränderungen und letztlich sozialistische Produktionsverhältnisse. Sie liefert zugleich Grundlagen für eine effektive gesellschaftliche Planung.
Das Programm von 2006 benennt die solidarische Diskussion und die Erarbeitung von Übereinstimmung als Voraussetzungen für ein einheitliches Handeln der Partei. Wer nun den Schwerpunkt auf den Zentralismus setzt, geht hinter das Programm zurück. Heute kann nur eine Partei mit lebendiger demokratischer Kultur anziehend wirken, zukunfts- und politikfähig sein.
Die DKP Minden wird ihre Politik weiterhin auf der Grundlage des geltenden Parteiprogramms entwickeln.
DKP Minden, Januar 2016
Der Umgang mit Griechenland ist der Lackmustest, ob die bisherige Programmatik der DKP fortgeführt und aktualisiert oder einer Revision unterzogen werden soll. Wenn auch gemeinsam die Erpressungspolitik der Berliner Regierung und der Troika entschieden zurückgewiesen wird, so gibt es im Umgang mit der von Syriza gebildeten Regierung Differenzen zwischen Teilen der Partei. Sie spitzten sich in der Haltung zum Referendum zu.
Im Kommentar in der UZ und in einem Brief an die KKE unterstützte der Parteivorsitzende Gen. Patrick Köbele uneingeschränkt die Haltung der KKE und stellt Syriza auf eine Stufe mit der Troika. Die KKE betrachtet Syriza als politischen Gegner und hat alle Gesprächsangebote konsequent ignoriert. Die KKE gehört zu jenen Parteien, die Übergangsformen zum Sozialismus ablehnen. Zwischen den heute noch existierenden kommunistischen Parteien ist die Frage des Stellenwerts des Kampfes um Reformen eines der höchst umstrittenen Themen. Die DKP hat diesem Kampf seit ihrer Gründung einen zentralen Stellenwert eingeräumt und orientiert nicht erst mit dem jetzigen Parteiprogramm auf eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt.
Syriza will eine solche Wende in Griechenland herbeiführen und die humanitäre Katastrophe aufhalten. Mit diesel Ziel ist Syriza angetreten. Dabei gab es Illusionen über die Erreichbarkeit dieser Ziele und die Einsichtsfähigkeit der europäischen politischen Eliten. Nehmen wir unsere eigenen programmatischen Aussagen ernst, gibt es sicherlich etliche kritische Fragen zum Vorgehen von Syriza. Doch Solidarität mit jedem Versuch, aus der Europa verordneten Austeritätspolitik auszubrechen, sollte grundlegendes Prinzip sein. Oder verweigern wir nun auch linken Regierungen in Lateinamerika unsere Solidarität? Nach unserem Verständnis hätte eine KP die Aufgabe, eine linksorientierte Regierung mit aktiver kritischer Solidarität zu unterstützen.
In Europa ist bereits ein Ausbruchsversuch aus der Zwangsjacke neoliberaler Politik ohne aktive internationale Solidarität zum Scheitern verurteilt. Dafür sorgen schon die heutzutage möglichen wirtschaftlichen und finanztechnischen Sanktionen. Und bei einem weitergehenden Ausbruchsversuch können mit der „Solidaritätsklausel“ des Lissabon-Vertrages noch ganz andere Zwangsmittel wie z.B. die europäischen Einheiten zur Aufstandbekämpfung aufgeboten werden. Ein solcher Weg bedarf eines Kräfteverhältnisses, das in Griechenland und Europa derzeit nicht vorhanden ist.
Da die KKE andere programmatische Vorstellungen hat als die DKP, ist eine Solidaritätsadresse, die ihre Haltung zur Syriza-Regierung und zum Referendum vorbehaltlos unterstützt, mehr als problematisch. Ganz brisant wird das vor dem Hintergrund, dass bei der Zusammenarbeit mit anderen Parteien und Organisationen künftig die politisch-ideologische Verbundenheit eine grundlegende Rolle spielen soll und es Genossinnen und Genossen in unseren Reihen gibt, die sich an der KKE orientieren.
Das wirft die Frage auf, ob Kommentar und Brief des Parteivorsitzenden den Weg weisen, auf dem sich die weitere Programmdiskussion unserer Partei künftig bewegen soll. Eine klärende Stellungnahme ist unbedingt erforderlich.
DKP Minden, 6.7.15
Themen wie die Gefahren für den Frieden, die aggressivere Außenpolitik Deutschlands und der EU sind zutreffend benannt. Doch der Leitantrag besteht in weiten Teilen aus programmatischen Aussagen, wobei die Vorstellungen des jetzigen Parteiprogramms über unseren Weg zum Sozialismus verwässert und simplifiziert werden. Diese Passagen sind entweder überflüssig oder sollen das Tor zu einer Revision unserer Programmatik öffnen.
Der Zusammenhang zwischen revolutionärem und antimonopolistischem Bewusstsein bleibt offen. Sind beide identisch gemeint, wäre das eine Absage an Übergangsstufen und eine Veränderung unserer Programmatik; es wird aber zugleich die Suche nach Übergängen gefordert. Das ist widersprüchlich. Der im Papier bedauerte Glaube der Arbeiterklasse an die scheinbare Interessenidentität mit dem Monopolkapital ist zudem eine im besten Falle nur oberflächliche Betrachtung ihrer subjektiven Verfasstheit. Wer die Widersprüchlichkeit des Alltagsbewusstseins nicht analysiert, ist zur Politikunfähigkeit verdammt.
Als Aufgabe wird die Überwindung reformistischer Illusionen genannt und eine Reihe von Begrifflichkeiten unter Verdikt gestellt, einschließlich des Begriffs der Transformation. Die Programmatik der DKP war bisher davon geprägt, sich den notwendigen Bruch mit den Eigentumsverhältnissen keinesfalls als singuläres Ereignis, sondern als revolutionären Prozess vorzustellen. Und wenn der Bruch nun zur Strategie erklärt wird, ist auch das eine erklärungsbedürftige Neuformulierung.
Die Kritik an reformistischen Illusionen ist notwendig, doch in erster Linie sind mit den Menschen, die diese Illusionen haben, gemeinsame Kämpfe zu führen. Solidarität ist erlebbar zu machen und Teilerfolge sind zu würdigen. Hoffnung auf Veränderung ist zu wecken. Wer Reformen nicht für durchsetzungsfähig hält, wird für den Sozialismus erst recht nicht zu gewinnen sein; vor dem Hintergrund der Niederlage des Sozialismus in Europa schon gar nicht. Hoffnung auf Veränderung und Vertrauen auf die eigene Kraft bilden den Nährboden für linke politische Überzeugungen. Solange sie nicht reifen, wird nur propagandistisches Hineintragen von Klassenbewusstsein fruchtlos bleiben. Erkenntnis geht aus der Praxis hervor (und führt natürlich verändernd auf sie zurück).
Kommunisten müssen die Verbindung zwischen den Themen und Bewegungen herstellen; der gemeinsame Gegner, die Konzerne und Banken, ist dafür die Grundlage. Die Verteilungsfrage bildet dabei eine wichtige Klammer zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Problemen. Sie kann zugleich an die Eigentumsfrage heranführen. Warum fehlt sie im Leitantrag? Ebenso muss die Abrüstungsforderung ergänzt werden. Auch die Demokratiefrage fehlt. Sie ist aber unverzichtbarer Bestandteil einer antimonopolistischen Alternative und als Möglichkeit der Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklung zentrales Element eines künftigen Sozialismus.
Breite gesellschaftliche Allianzen sind notwendig, denen die Durchsetzung einer anderen Politik auch zugetraut wird. Dafür einzutreten sollte Markenzeichen von Kommunist*innen sein, die eine demokratische Diskussionskultur über gesellschaftliche Analysen und Perspektiven befördern. Voraussetzung dafür ist allerdings eine entsprechende Diskussionskultur innerhalb der Partei, die sich den aktuellen Fragen und Problemen der Gewerkschaften und Bewegungen stellt. Unsere Klassiker forderten dazu auf, sich alle neuen Erkenntnisse kritisch anzueignen. Leider haben wir darin inzwischen große Defizite. Sie nahmen ungeheure Ausmaße an, als unter Stalin die Formel vom Marxismus-Leninismus eingeführt wurde. Das Scheitern des Sozialismus in Europa hat darin eine seiner Ursachen.
Nicht die Propagierung endgültiger Antworten, sondern die Debatte über Erfahrungen, Lösungen und Auswege, die Qualifizierung der antimonopolistische Alternative und der sozialistischen Perspektive kann die Partei attraktiver machen. Die Definition unserer Partei als marxistisch-leninistisch zum jetzigen Zeitpunkt würde die künftige Parteidebatte einengen und die Umsetzung dieser Aufgaben nicht ermöglichen.
Die von der PV-Mehrheit verfolgte Konzeption, die Partei durch von oben verordnete Kampagnen voranzubringen, wird nicht erfolgreich sein, weil sie weder der Realität zumindest einer ganzen Reihe aktiver Grundorganisationen entspricht noch den veränderten Lebenswirklichkeiten und Lebensansprüchen. Gemeinsames Handeln erfordert heute eine gut entwickelte innerparteiliche Demokratie.
DKP Minden, April 2015
Die Austeritätspolitik und die damit verbundene zunehmende soziale Verelendung führen zum Anwachsen nationalistischer, populistischer und faschistischer Parteien in Europa. Sie versuchen sich grenzüberschreitend zu vernetzen und es droht eine starke Fraktion dieser Kräfte ins künftige EU-Parlament einzuziehen. Gleichzeitig entwickelt sich eine neue Welle des Widerstandes in einer Reihe europäischer Staaten. In dieser Situation gilt es, diese Kämpfe zu unterstützen, europaweit miteinander zu vernetzen und demokratische, soziale und friedliche Alternativen zum Europa der Konzerne, der Banken und der Generale zu entwickeln und zu verbreiten. Nur die Entwicklung außerparlamentarischen Widerstandes kann die Kraft hervorbringen, der progressive antimonopolistische Veränderungen zugetraut werden. Nur in diesen Kämpfen werden die systemkritische Kräfte gestärkt werden können.
In dieser Situation ist die Zusammenführung aller linken Kräfte das Vordringliche. Der vorliegende Entwurf eines Wahlprogramms wird dieser Aufgabe in keiner Weise gerecht.
Das Wahlprogramm besteht fast ausschließlich aus einem bloßen Nein zu diesem Europa und alternative Forderungen sind völlig unterbelichtet. Damit ist es anschlussfähig nach Rechts und in keiner Weise an bestehende soziale Bewegungen.
Im Mittelpunkt steht die Kritik am deutschen Imperialismus, der hier zum einzigen Gegner erklärt wird. Deutschland hat seine Führungsmacht in Europa deutlich ausgebaut, betreibt eine aggressive Exportstrategie und den Ausbau der Machtbefugnisse der EU-Zentrale in Wirtschaftsfragen. Der „Europäische Runde Tisch der Industriellen“(ERT), in dem die größten europäischen Konzerne vertreten sind, fordert schon seit vielen Jahren Niedriglöhne und entwarf die Lissabon-Strategie. Die Deutsche Regierung schleift im Einklang mit dem ERT und dem europäischen Unternehmerverband europaweit die Errungenschaften der Arbeiterbewegung, damit die exportorientierten Konzerne auf dem umkämpften Weltmarkt weiter expandieren.
Die EU wird als nicht reformierbar dargestellt und auf den Bruch orientiert. Das Parteiprogramm wird verstümmelt wiedergegeben und der wichtige Passus „…diese Institutionen zu demokratisieren und selbst Einfluss auf deren Entscheidungen zu gewinnen“ einfach weggelassen. In den letzten Zeilen wird gar der „radikale Bruch mit dem System des Kapitals“ zur Voraussetzung eines „sich in Richtung des antimonopolistischen Kampfes“ entwickelnden Europas erklärt. Nach den gültigen strategischen Orientierungen der DKP aber führt der antimonopolistische Kampf an den Kampf um den Sozialismus heran. Das Wahlprogramm beinhaltet somit eine deutliche Abweichung von den programmatischen Aussagen der DKP. Die blassen Andeutungen von alternativen Forderungen sind danach nur konsequent, da ein ernsthafter Kampf um Reformen nicht angestrebt wird.
Wie ein Wahlprogramm aussehen kann und muss, zeigt ein Blick in das EU-Wahlprogramm von 2009. Es umfasst neben einer Analyse der EU viele alternative Forderungen und orientiert auf die Perspektive eines sozialistischen Europas.
Ein Bezug zu vorhandenen Bewegungen und ihren Forderungen fehlt, dazu gehören z. B. die Versuche, die Diskussion über eine 30-Stunden-Woche europaweit auszudehnen. Es fehlt die dringende Herausforderung, eine Freihandelszone USA-EU zu verhindern. Mit ihr sollen die Interessen der Konzerne absoluten und unanfechtbaren Vorrang erhalten, die noch vorhandenen Möglichkeiten einer demokratischen Einflussnahme und alle vorhandenen sozialen Rechte und Schutzregelungen auf den verschiedensten Gebieten als „Investitionshindernisse“ aus dem Weg geräumt werden.
Mit der geforderten Unterschriftensammlung unter die Kandidatur der Partei sind die Genossinnen und Genossen vor die Zumutung gestellt, eine politisch fragliche, nicht in der Partei diskutierte Eigenkandidatur und einen sektiererischen Programmentwurf zu unterstützen, der nicht auf der Grundlage der beschlossenen Politik basiert und uns zudem von den bestehenden Bewegungen isoliert. Auf der Grundlage dieses Entwurfs können wir im EU-Wahlkampf nicht öffentlich auftreten.
DKP Minden, Dezember 2013