Kommunale Finanzen und die Alternativen der DKP
Wirtschafts- und Sozialpolitik
Seit Jahresbeginn hat die Familie Gauselmann ihr gesamtes Firmenvermögen in die „Gauselmann Familien-Stiftung“ überführt. Mit einem Stiftungskapital von 10 Millionen Euro wurde dafür der Grundstein gelegt. Geleitet wird sie vom Stiftungsvorstand unter dem Vorsitzenden Paul Gauselmann, seinen Stellvertretern Armin Gauselmann und Manfred Stoffers. Damit soll der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden.
Lt. Pressemmitteilung der Fa. Gauselmann will man weiter mit der bisherigen „Paul und Karin Gauselmann Stiftung“ kulturelle und soziale Projekte fördern. Die Überleitung des Unternehmens in die Familien-Stiftung ist aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt. Bei einem plötzlichen Tod des Firmengründers sei das Unternehmen wegen der Erbschaftssteuer gefährdet. Künftig fließt vom Unternehmensgewinn je 20 Prozent an die Eheleute, die drei Söhne und an die Stiftung. Das ist sicher ein ganz wichtiger Grund für die Familienmitglieder – so lässt sich ein beträchtlicher Teil an Steuern sparen. Geld, das der Allgemeinheit vorenthalten wird.
Schon im März 2009 erklärten die Rechtsanwälte J. Fiola und U. Dörnbrock, um bei der Regelung der Unternehmensnachfolge Steuern sparen zu können: „Dazu muss man keineswegs nach Liechtenstein ausweichen. Es funktioniert ganz legal mit einer Stiftung 'Made in Germany'. Wird diese Stiftung mit einem gemeinnützigen Zweck errichtet, so können die Zuwendungen im siebenstelligen Bereich von der Steuer als Sonderausgaben abgesetzt werden. Handelt es sich um Anteile an einem Unternehmen (…), so lässt sich erreichen, dass die Stiftung die künftigen Unterhaltungsgewinne steuerfrei erzielt.“ (1)
Wer eine Millionen Euro in eine Stiftung einzahlt, kann das als Sonderausgabe bei der Steuererklärung geltend machen und erhält vom Staat fast 500.000 Euro zurück. Müsste er diese Million mit dem Spitzensteuersatz von 45 Prozent versteuern, hätte er fast 500.000 Euro an das Finanzamt zu zahlen. Wenn die 5-köpfige Familie Gauselmann nun das Stiftungskapital um 5 Millionen Euro aufstockt, dann nimmt sie für sich nur die bestehenden steuerrechtlichen Möglichkeiten in Anspruch. Somit bleibt künftig ein Fünftel des künftig jährlich anfallenden Gewinnes der Firma Gauselmann steuerfrei. Die Familie Gauselmann nutzt also nur ihre steuerlichen Möglichkeiten aus, die ihnen von den Regierungen seit 1998 (SPD, GRÜNE, CDU, CSU, FDP) gegeben wurden.
Die Umgehung der Erbschaftssteuer gehört zum umfangreichen Programm der Regierungen, die die Reichtumspflege in unserem Land zu ihrer Kernaufgabe gemacht haben. Kritiker wie attac, Gewerkschaften und die Kommunisten machen diese Politik für das Auseinanderklaffen der Einkommensschere mit verantwortlich. Lohnabhängige haben nicht das Einkommen, um sich Stiftungen als steuerliche Sonderausgaben leisten zu können. Reiche wie die Familie Gauselmann schon.
Aber nicht nur die steuerlichen Vorteile zieht sie an. Wer statt Steuern an den Staat zu zahlen, lieber selbst bestimmen will, wofür das Geld ausgegeben wird, der kann das mit der eigenen Stiftung selbst regeln. So „können die Reichen als Hausherr in der eigenen Stiftung wie absolutistische Fürsten selbst bestimmen, wem sie Gutes tun und wem sie es verweigern.“ (2)
Gemeinnützige Stiftungen haben Steuervorteile. So konnte die Bertelsmann-Stiftung durch die Übertragung von drei Vierteln des Unternehmens laut dem Tagesspiegel 2 Milliarden Euro an Erbschafts- und Schenkungssteuer sparen. „Insofern gibt sie mit ihrem Jahresetat (…) nicht mal annähernd das aus, was sie den Fiskus kostet.“ (3) Trotzdem lassen sich diese Unternehmensstiftungen als Wohltäter in der Öffentlichkeit feiern.
Dieses Stiftungsunwesen nutzt den Reichen und Unternehmen also in doppeltem Sinne. Zum einen entziehen sie der Allgemeinheit viele Steuereinnahmen und zum anderen nutzen sie das wenige „gespendete“ Stiftungsgeld als direkte Unternehmenswerbung. Neben den direkten Parteispenden, zu denen sich Paul Gauselmann offen bekennt (4), kann damit auch die politische Landschaftspflege wirksam betrieben werden.
Quellen:
(1) Johannes Fiala und Uwe Dörnbrack, zitiert nach M. Holland-Letz; „Scheinheilige Stifter“, 2015, S. 9
(2) Christian Rickens, "Ganz oben", zitiert nach M. Holland-Letz; „Scheinheilige Stifter“, 2015, S. 21
(3) Harald Schumann, zitiert nach M. Holland-Letz; „Scheinheilige Stifter“, 2015, S. 22
(4) Z.B. im Interview mit der Berliner Zeitung vom 1.6.12, http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/spielothek-merkur-gruender--die-parteien-rufen-an-und-wollen-geld--10776452
DKP Minden, April 2016
Hier ist die Rezension des Buches "Scheinheiige Stifter"