Minden gehört uns - nicht den Banken! Forderungen für Minden
Kommunale Finanzen und die Alternativen der DKP
Wirtschafts- und Sozialpolitik
Städte und Gemeinden haben im vergangenen Jahr wieder etwas mehr Steuereinnahmen zu verzeichnen. Auch in Minden gab es im Jahr 2005 und im vergangenen Jahr mehr Gewerbesteuereinnahmen. Doch trotz besserer Steuereinnahmen, trotz Arbeitsplatzvernichtung in der Stadtverwaltung, trotz Verkauf der Wohnhaus das chronische Defizit bleibt erhalten.
Ein Skandal ist, dass ausgerechnet an den Ärmsten in unserer Stadt gespart werden soll. Bei dem ersten Gespräch mit Antragstellern, die Arbeitslosengeld II beantragen, soll es ganz offiziell als Erfolg gelten, wenn sie danach ihren Antrag zurückziehen. Vermeidungsberatung wird das im Entwurf des Haushaltes genannt. Wer ALG II beantragt, wird keinesfalls über seine (mageren) Rechte aufgeklärt, sondern abgewimmelt oder abgeschreckt. In der Erwerbslosenbewegung in Minden sind etliche Fälle bekannt, in denen Antragsteller rechtswidrig behandelt worden sind. Erst nach einer Entscheidung des Sozialgerichts wurden die Anträge ordnungsgemäß behandelt. Aber auch dieser Weg soll demnächst verbaut werden.
Im Bundestag liegt ein Gesetzentwurf vor, nach dem künftig besondere Gebühren gezahlt werden sollen, wenn gegen fehlerhafte Bescheide der Arbeits- und Sozialverwaltung beim Sozialgericht geklagt wird. Diese Gebühren müssten sich Geringverdienende und Langzeitarbeitslose vom Munde absparen. Es soll ihnen verwehrt werden, sich gegen Willkür zur Wehr zu setzen.
Die Quote der Vermeidungsberatung wurde im Haushaltsentwurf offiziell festgelegt: Durch intensive Erstberatung werden existenzsichernde Leistungen bei mindestens 30 % der Hilfesuchenden vermieden, heißt es dort. Von 3100 Hilfesuchenden sollen 1300 nach Hause gehen ohne dass ihr Antrag angenommen wurde oder sie Leistungen erhalten. Die anzustrebende Vermeidungsquote wird dann sogar auf 41,94 Prozent festgelegt. Danach würde nahezu jeder Zweite abgewiesen werden.
Wer von ALG II leben muss, hat kaum genug zum Leben, die Erhöhung der Energiepreise wird existenzbedrohend wovon sollen die Abgewimmelten existieren? Dabei verzichten mehrere Millionen Menschen auf staatliche Unterstützung, obwohl sie einen Anspruch darauf hätten. Allein 1,9 Millionen Erwerbstätigen in unserem Lande stünde aufstockendes ALG II zu, weil ihr Einkommen zu gering ist. Bei ihnen leben rund 1 Million Kinder (1). Über diese Verelendung in unserem Land schauen alle Ratsparteien hinweg.
Schikane statt Hilfe das scheint auch in Minden das Motto für den Umgang mit Hartz-IV-Empfängern zu sein. Wurde deshalb das Entfernen von Unkraut auf dem Simeonsplatz, das mit primitivsten Mitteln erfolgen soll, als dauerhaftes Projekt in Zusammenhang mit den Sofortangeboten ausgedacht, wie es Pressesprecherin Lewerenz im MT vom 11.8.06 verkündete? Kein Angebot der Behörde darf mehr ausgeschlagen werden. Alles gilt als zumutbar, es sei denn, es sei sittenwidrig.
Mit Jahresbeginn kann schon die erste Ablehnung einer derartigen Maßnahme zur Kürzung der Regelleistung um 30 Prozent führen, bei der dritten Ablehnung in gleichen Jahr werden sämtliche Zahlungen gestrichen, einschließlich Unterkunft und Heizung. Wer unter 25 Jahren ist, wird noch härter bestraft: Schon bei der zweiten Ablehnung fällt alles weg. Bürgerliche Freiheitsrechte sind da abgeschafft.
Der Haushalt für 2007 wurde erstmalig nach den Grundsätzen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) erstellt. Die Kommunen sollen nach betriebswirtschaftlichen Erfolgsmaßstäben arbeiten, das Managementverhalten der Privatwirtschaft übernehmen, wie eine Aktiengesellschaft denken und handeln. Die Übernahme des kaufmännischen Rechnungswesens wird dazu dienen, das Kostenargument noch stärker als bisher gegenüber Bürgern und Beschäftigten einzusetzen.
Transparenter ist der Haushalt der Stadt dadurch keinesfalls geworden. Es fällt schwerer nachzuvollziehen, wofür genau das Geld ausgegeben wird und welche Kürzungen vorgesehen sind.
Durch NKF soll künftig das Ranking zwischen den Städten möglich werden. Der Vergleich soll die Schraube der Arbeitsverdichtung beschleunigen und die Privatisierung vorantreiben. Künftig droht armen Kommunen sogar, dass sie für Kredite höhere Zinsen zahlen müssen als andere.
Zunächst erhalten die Gemeinden mit der Einführung des NKF einen gewissen Spielraum für ihre Verschuldung. Doch der ist eng begrenzt. Und danach setzt der direkte Zwang ein, weiter zu kürzen, zu entlassen, zu verkaufen und zu privatisieren. Das ist gewollt. Deshalb soll in der neuen Gemeindeordnung von NRW die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen eingeschränkt werden. Private Geschäftemacher sollen Vorrang vor öffentlichen Dienstleistungen haben. Das praktiziert die NRW-Landesregierung bereits mit der Zerschlagung und Privatisierung von Landesbehörden. Damit die Privatisierung reibungsloser vonstatten geht, will die NRW-Landesregierung auch gleich noch die Mitbestimmungsrechte aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst beseitigen. Das Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) soll entsprechend verändert werden. Es wird nicht lange dauern, bis auch das Betriebsverfassungsgesetz an die Reihe kommt.
Die Landesregierung von NRW lässt sich ihre Politik von den großen Konzernen diktieren. So waren in der Experten-Kommission, die über die Sanierung des Landeshaushalts beriet, der Preistreiber Eon mit seinem Aufsichtsratschef, Arbeitsplatzvernichter McKinsey und natürlich Bertelsmann vertreten. Und Bertelsmann will bekanntlich gerne die öffentliche Verwaltung zur eigenen Goldgrube machen, indem die Tochterfirma Arvato die Aufgaben übernimmt (2).
Man sieht: die Angriffe auf die Rechte und die Lebenslage der Menschen mit und ohne Arbeit sind umfassend und noch längst nicht am Ende. Umso hilfloser muten die Manöver der örtlichen Kommunalpolitik und der sie tragenden Parteien an.
Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2007 wird die Vernichtung der Arbeitsplätze fortgesetzt und gleichzeitig eine bessere Qualität der Dienstleistungen versprochen. Papier ist geduldig.
Aus eigener Kraft soll der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben in der Zukunft erreicht werden (3). Das wird seit Jahren propagiert und rückt immer wieder in weite Ferne. Denn die Kommunen müssen einen Großteil der Lasten der Massenarbeitslosigkeit tragen und ihr Anteil am Gesamtsteueraufkommen ist völlig unzureichend.
Mit der Ausschöpfung und Ausweitung aller Ertragspositionen (3) ist gemeint, die Bevölkerung Mindens mit und ohne Arbeit zu schröpfen. Denn von einer Erhöhung der Gewerbesteuer wollen alle Ratsparteien nichts wissen. Dabei ist es eine Steuer für die Großen und ganz Großen und gerade die melden seit Jahren immer neue Gewinnrekorde. Es ist soweit gekommen, dass alle Gewinnsteuern zusammen nur noch 15 Prozent des gesamten Steueraufkommens in unserem Lande ausmachen. Deutschland ist für die Konzerne und die Reichen eine Steueroase (4). Dafür sorgt auch die derzeitige Mindener Rathauspolitik auf ihre Weise.
Die bereits von der Großen Koalition in Berlin festgelegten neuen Steuer- und Abgabenerleichterungen für das Kapital addieren sich für die Jahre 2006 bis 2009 auf insgesamt knapp 38 Milliarden Euro. Die Kehrseite ist die öffentliche Armut, sind sinkende Löhne und Sozialleistungen, sind immer weniger Arbeitsplätze.
Das kann nur mit der gemeinsamen Kraft der Beschäftigten und Erwerbslosen verändert werden. Es gilt, eine andere Politik in unserem Lande durchzusetzen. Dazu gehört die Wiedererhebung der Vermögenssteuer, die Heraufsetzung der Erbschaftssteuer für große Vermögen, eine Mindeststeuer für Unternehmensgewinne. Die Finanzspekulation muss bekämpft werden. Die Macht der Konzerne und Banken muss eingeschränkt und überwunden werden.
Quellen:
(1) UZ vom 27.10.06, Von der Klasse über die Unterschicht zum Prekariat.
(2) siehe Bertelsmann will die öffentliche Verwaltung übernehmen
(3) Pressemitteilung der Stadt Minden vom 14.12.06
(4) Wirtschaftspolitik aktuell Nr. 1. Januar 2007, ver.di Bundesvorstand
DKP Minden, Januar 2007