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Die Märchen der Sozialräuber

 
 

„Kosten für Hartz IV explodieren!“

 

Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) hat nachgerechnet. Es kam zu einem ganz anderen Ergebnis. Die Ausgaben von Bund, Kommunen und Bundesagentur für Arbeit für die ALG-I und ALG-II- Empfänger werden in diesem Jahr 2006 unter den geplanten Kosten liegen.

Tatsächlich wird der Bund beim ALG-II etwa 2,2 Milliarden Euro mehr zahlen müssen als geplant. Das ist keine Kostenexplosion, aber eine leichte Zunahme.

Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden leicht ansteigen. Die Kommunen werden dafür in diesem Jahr etwa 1,2 Milliarden Euro und der Bund 0,5 Milliarden zu zahlen haben.

Die Bundesagentur für Arbeit aber wird nach ihrer eigenen Prognose am Ende dieses Jahres 4 Milliarden Euro weniger ausgegeben haben. Davon entfallen alleine 1,5 Milliarden auf die aktive Arbeitsförderung.

Unter dem Strich bleibt ein Plus von 0,8 Milliarden Euro gegenüber den geplanten Ausgaben.

Das Fehlen einer Kostenexplosion bestätigte auch die Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf eine Anfrage von Katja Kipping (Fraktion Die Linke). Demnach hätte das alte System Arbeitslosenhilfe + Sozialhilfe +Wohngeld im Jahr 2005 hochgerechnet 35,5 Mrd. Euro gekostet. Das neue System Hartz IV hat in diesem Zeitraum 37,3 Mrd. Euro gekostet. Die Mehraufwendungen von 1,8 Mrd. Euro entsprechen ungefähr den Kosten für die Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen der vorher nicht versicherten Soziahlhilfe-Empfänger.

Die Anzahl der Bedarfgemeinschaften ist angestiegen. Die Bezugsdauer des echten Arbeitslosengeldes wurde verkürzt. Und es gibt immer mehr Menschen, die mit niedrigsten Löhnen arbeiten müssen und trotz einer Arbeit auf Hartz-IV- Leistungen angewiesen sind. Jährlich werden 100.000 Arbeitsplätze vernichtet und die Zahl der Lehrstellen nimmt dramatisch ab.Unter diesen Umständen sind gleichbleibende oder gar sinkende Ausgaben ein Skandal. Sie bedeuten, dass die Erwerbslosen immer erbärmlicher leben müssen.

Das Ziel der Kampagne von der „Kostenexplosion“ ist die Stimmungsmache für eine weitere Absenkung des ALG-II. Das Ziel ist, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ab 2007 von 6,5 auf 4,5 Prozent zu senken und damit den Unternehmen ein weiteres Geschenk in Form von niedrigeren Zahlungen an die Bundesagentur für Arbeit zu machen. Die Bundesregierung will sich ihrer Verpflichtung gegenüber der Bundesagentur entledigen. So soll die Defizithaftung des Bundes für die Agentur wegfallen. Die Agentur für Arbeit müsste dann stattdessen Darlehen aufnehmen. So kommt diese Bundesregierung dem Wunsch von Unternehmerverbänden weiter entgegen, die Arbeitslosenversicherung völlig abzuschaffen.

Quelle: Info des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) vom 24.5.06 (pdf) http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/hilfe/kostenex2.pdf

Juni 2006

 

„Es ist kein Geld da!“

Das gesamte private Geldvermögen stieg
von 2.020 Mrd. Euro im Jahr 1991
auf  4.100 Mrd. Euro im Jahr 2004
Im Jahre 2003 verfügten 2 Prozent der Privathaushalte über mehr als 60 Prozent des gesamten privaten Geldvermögens.(1) . Ein halbes Prozent der Bevölkerung besitzen mehr als ein Viertel des gesamten Geldvermögens in Form von Bargeld, Aktien, Termingeldern und dergleichen. 93 Vermögensmilliardäre besitzen über eine viertel Billion Euro.
Dagegen teilen sich  50 Prozent der Bevölkerung nur 4,5 Prozent aller Geldvermögen. Diese Hälfte der Bevölkerung besitzt praktisch gar nichts. Viele sind sogar verschuldet.
Die Zahl der Reichen steigt:
1996 gab es 313.000 Euro-Millionäre in Deutschland.
1999 gab es mehr als 365.000 Menschen mit einem Geldvermögen von mehr als 1 Million Euro.
Das Geldvermögen der Reichen und Superreichen nahm pro Jahr um
10 Prozent zu:
Sogar im Jahr 2002, dem Jahr des Börsencrash, konnten die Superreichen ihr Vermögen um 4,8 Prozent steigern. (2)
Die 100 reichsten Deutschen haben ein Gesamtvermögen von knapp 350 Milliarden Euro. Hätte man diesen Steinreichen nur die Hälfte des Vermögenszuwachses weggesteuert, hätte der Staat 50 Milliarden Euro mehr in der Kasse gehabt.
Geld ist also mehr als genug da. Der wachsende Reichtum konzentriert sich immer mehr in nur wenigen Händen.
Anmerkungen:
(1) "World Wealth Report 2003", eine Untersuchung der Investmentbank Merril Lynch und der Beraterfirma Cap Gemini Erst & Young; zitiert nach isw-wirtschaftsinfor 37
(2) „World Wealth Report 2002“, zitiert nach isw-wirtschaftsinfo 35,
Weitere Literaturhinweise:
Veröffentlichungen des isw München, insbesondere isw-Wirtschaftsinfo 37, http://www.isw-muenchen.de

„Die öffentlichen Kassen sind leer!“

Die Kehrseite des privaten Reichtums ist die öffentliche Armut.
Steuergeschenke an die Reichen und die Unternehmen haben nun schon eine lange Tradition. Ohne sie bräuchten wir uns heute über fehlende Mittel für Bildung, Kultur und soziale Aufgaben keine Sorgen zu machen.
Konzerne zahlen keine Steuern mehr!
Nehmen wir nur die
„Steuerreform 2000“
:
Sie führte dazu, dass die Konzerne im Jahre 2001 statt Steuern zu zahlen sogar Steuern zurückerstattet bekamen.
Die größten Steuerausfälle resultiereren aus den Mindereinnahmen aus der Körperschaftssteuer. In den vier Jahren von 2001 bis 2004 zahlten die Unternehmen zusammen 100,6 Milliarden Euro weniger Steuern. (1) Dabei sind die Gewinne im gleichen Zeitraum ständig gestiegen.
Die Raucher zahlen heute über die Tabaksteuer mehr Steuern als alle Konzerne, Aktiengesellschaften und GmbHs zusammen.
Dazu kommen seit 1997 zusammen mindestens 50 Milliarden Euro Steuerausfall durch den Verzicht auf die Erhebung der Vermögenssteuer. (2)
Die zu Beginn dieses Jahres von einer Großen Koalition beschlossene dritte Stufe der Steuerreform macht die Reichen erneut zu Gewinnern. Die erneute Absenkung des  Spitzensteuersatzes um 6,5 Prozent  auf nur noch 42 Prozent spült ihnen  weitere 6 Milliarden Euro auf die Konten. Das entspricht dem Betrag, der durch die Streichung der Arbeitslosenhilfe bei den Erwerbslosen „eingespart“ worden war.
Beschlossen wurde dabei auch ein weiteres Steuergeschenk an private Lebens- und Krankenversicherungen. Sie dürfen rückwirkend Verluste aus Aktienspekulationen von der Steuer abziehen. Die Steuerausfälle werden auf bis zu 8 Milliarden Euro geschätzt.
Entgegen aller Klagen: Es soll mehr für die Aufrüstung und für Krieg ausgegeben werden.
Nach 2006 soll der „Verteidigungsetat“ um jährlich 800 Millionen Euro steigen. Dieser Haushaltsposten ist von Kürzungen verschont. Umschichtungen und Verkauf nicht mehr benötigter Waffen und Grundstücke sollen Mittel für neues Kriegsgerät freimachen. Die Bundeswehr wird rundum mit neuen Waffen ausgerüstet und zu einer weltweit einsetzbaren kriegführenden Truppe gemacht. Kostenpunkt: ca. 215 Milliarden Euro in den nächsten 15 Jahren. Im Entwurf zu einer Europa-Verfassung  wird im Artikel I-40 die ständige Aufrüstung gar zu einer Pflicht gemacht. (3)
Die Krise der staatlichen Finanzen ist durch politische Entscheidungen herbeigeführt worden und sie ist gewollt. Sie dient als Keule zum Sozialabbau und als Druckmittel zur Privatisierung der öffentlicher Dienstleistungen und des öffentlichen Besitzes. (4)
Wer profitiert von den Staatsschulden?
Es sind vor allem gutverdiendende Haushalte mit als 4.000 Euro netto im Monat, die festverzinsliche Wertpapiere haben. Auch Unternehmen besitzen diese Papiere als Liquditätsreserve. In erster Linie sind es gutbetuchte Bürger, Finanzkonzerne und andere Firmen, die den Großteil der Staatspapiere besitzen und damit die Zinsen einstreichen.
Steuergeschenke an die Reichen und die Konzerne haben den Staat so richtig runiiert. MIt den staatlichen Zinsen holen sich dieselben Reichen und Konzerne auch noch das zurück, was sie noch an Steuern zahlen.
Dazu eine Rechnung für das Jahr 2003: Damals betrugen alle Gewinn- und Vermögenssteuern zusammen 66,6 Milliarden Euro. Die staatlichen Zinszahlungen betrugen 66,7 Milliarden Euro.(5)
Konzerne, Unternehmer und Reiche zahlen damit gar nichts mehr für die Finanzierung des Gemeinwesens.
Anmerkungen:
(1) isw-wirtschaftsinfo 37, Deutscher Städtetag 8/03
(2) ver.di Wirtschaftspolitische Informationen 1/03
(3) mehr Infos dazu unter www.imi-online.de oder beim Friedensratschlag  http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/
(4) vgl. dazu den Artikel. “Öffentliche Armut politisch gewollt“ unter "Kommunalpolitik"
(5) isw-wirtschaftsinfo 37
Weitere Literaturhinweise:
Veröffentlichungen des isw München, besonders  Grafikdienst Nr. 9; Report 55 Staat – Steuern -Daseinsvorsorge
http://www.isw-muenchen.de

„Die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden“

Durchgängig wird darüber lamentiert, die sogenannten Lohnnebenkosten seien zu hoch. Sie werden als Ursache für die lahmende Wirtschaft hingestellt. Ihre Senkung würde die Wirtschaft endlich wieder beleben.
Was ist mit den „Lohnnebenkosten“ eigentlich gemeint?
Zum einen solche tariflichen Lohnbestandteile wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Sonderzahlungen, Betriebsrenten und auch die Vergütung von Feiertagen und Krankheitstagen usw. Das sind mühsam erkämpfte Teile unseres Einkommens.
Zum anderen sind damit die Beiträge für die Gesetzliche Krankenversicherung, für die Bundesanstalt für Arbeit, die Rentenversicherung, die Pflegeversicherung oder zur Berufgenossenschaft gemeint. Sie sind keine überflüssigen, gar schädlichen „Nebenkosten“, sondern wichtige Bestandteile unserer Löhne und Gehälter. Sie sollen uns gegen die wichtigsten Risiken in unserm Leben absichern helfen.
Ø      Wer die „Lohnnebenkosten“ senken will, will unsere Löhne kürzen. Der will die Umverteilung von unten nach oben fortsetzen. Der will die Profite der Unternehmer auf unsere Kosten erhöhen. Jedes Prozent weniger Arbeitgeberbeiträge bringt höhere Profite in Höhe von 7,5 Milliarden Euro.
Ø      Jede Senkung dieser Beiträge müssen wir mehrfach bezahlen: durch Leistungseinschränkungen, durch mehr Zuzahlungen und durch Zahlungen an private Versicherungen.
Ø      Die Senkung der „Lohnnebenkosten“ spült viel Geld in die Kassen der privaten Versicherungen, die daraus ein für sie lohnendes Geschäft machen
Das Gejammer über die schlechte Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der angeblich so hohen Löhne und „Lohnnebenkosten“ blamiert sich an der Wirklichkeit. Deutschland ist Weltmeister im Export je Erwerbstätigen. Und sogar in absoluten Größen hat Deutschland nun die sehr viel größeren USA überholt und ist zum größten Exporteur der Welt geworden.
Der Grund dafür liegt in der hohen Arbeitsproduktivität. Im internationalen Vergleich sind die Lohnstückkosten in den vergangenen Jahren geringer gestiegen als in anderen Ländern.
(Lohnstückkosten: Dabei werden die Lohnkosten auf das produzierte Stück bezogen )
Die Löhne sind in Deutschland seit Jahren weniger gestiegen als in den übrigen EU-Ländern.
Die aggressive Exportstrategie der großen international tätigen Konzerne soll auf Kosten unserer Löhne und Gehälter vorangetrieben werden, auch durch die Einführung von Billiglöhnen und Zwangsarbeit für Erwerbslose. Lohnsenkung auf breiter Front ist ihr Ziel. Sozialabbau und Zerstörung der Tarifverträge sollen das erreichen.
Literaturhinweise:
Veröffentlichungen des isw München, besonders  Report Nr. 54, Die Demontage des Sozialstaates,
http://www.isw-muenchen.de
Wirtschaftsinformationen ver.di, „Lohnnebenkosten“ senken? http://www.verdi.de/wirtschaftspolitik/argumente/der_k_r_ampf_um_die_lohnnebenkosten

  „Es gibt zu viele Alte!“

Behauptet wird: An der Überalterung unserer Gesellschaft drohen unsere sozialen Sicherungssysteme zu zerbrechen. Schließlich gebe es immer mehr alte Menschen, die immer länger leben.
Demografische Veränderungen, Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung nach Altersgruppen, sind nichts Neues.
Geradezu dramatische Veränderungen haben bereits stattgefunden:
Vor über 100 Jahren kam auf 12 Erwerbstätige 1 Person über 65 Jahre,
im Jahre 1950 kam auf 7 Erwerbstätige 1 Person über 65 Jahre
im Jahre 2000 kam auf  knapp 4 Erwerbstätige  1 Person über 65 Jahre.
In 50 Jahren wird voraussichtlich auf 2 Erwerbstätige 1 Person über 65 Jahre kommen.
Gerade in den 50er bis hinein in die 70er Jahre wurden unsere Sozialsysteme ausgebaut, obwohl sich das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und alten Menschen dramatisch veränderte! Behauptungen über eine zwangsläufige Verschlechterung des Lebensstandards bei einer zunehmend älteren Bevölkerungsstruktur
sind demnach fa
lsch.
Quelle: Wirtschaftspolitik ver.di, Mythos Demogafie, Oktober 2003
Entscheidend ist die Produktivität. Mit immer weniger Aufwand an lebendiger Arbeit können immer mehr Güter hergestellt werden. Bei sinkendem Arbeitsvolumen wird ein wachsender gesellschaftlicher Reichtum produziert:
Damit stände auch künftig genügend gesellschaftlicher Reichtum für alle zur Verfügung. Doch die Unternehmen und die Reichen beanspruchen einen immer größeren Teil des gesellschaftlichen Reichtums für sich. Daher sollen die Renten und die Löhne vom Produktivitätsgewinn abgekoppelt werden.
Junge werden gegen Alte ausgespielt. Die Senkung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und die Privatisierung der Altersversorgung schaden auch den Jungen. Private Vorsorge ist teurer und zugleich unsicherer als das solidarische Umlageverfahren.
Die gesetzliche Rentenversicherung hat andere als demografische Probleme:
Die Massenarbeitslosigkeit kostet dem Staat und den Sozialversicherungen jährlich
80 Milliarden Euro. Das entspricht 6 Prozentpunkten Sozialbeiträge.
Die Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre waren zu niedrig. Die Ausweitung von Mini-Jobs auf  Kosten regulärer Arbeitsplätze führt zu Einnahmeverlusten bei den Sozialversicherungen.
Mit einer ganzen Reihe politischer Entscheidungen wurde die Situation verschärft. Der Staat zog sich aus der Finanzierung zurück und benutzte die Sozialversicherungen als Verschiebebahnhöfe. Z.B. wurden wiederholt die Rentenbeiträge für Erwerbslose gesenkt. Die Senkung des Bundesbeitrags an die Arbeitslosenversicherung war das Ziel derartiger Maßnahmen und Ausfälle in der Rentenkasse die Folge.
Jeder „Erfolg“ bei der Senkung der sogenannten Lohnnebenkosten bedeutet, dass sich die Unternehmen aus der Finanzierung weiter zurückziehen.
Die anschwellenden Einkünfte aus Vermögen und Finanzspekulationen tragen praktisch nichts zur Finanzierung der Sozialversicherungen bei – zumal sie steuerlich auch noch privilegiert werden.
Hier muss eine alternative Politik ansetzen: Die Massenarbeitslosigkeit muss bekämpft werden. Mit der Durchsetzung der 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Mit der Besteuerung der großen Vermögen und Unternehmergewinne. Damit ständen Gelder für öffentliche Investitionsprogramme zur Verfügung. Zudem kann die Erwerbsbeteilung der Frauen erhöht werden. Sie scheitert heute überwiegend an fehlenden preiswerten und qualifizierten Möglichkeiten der Kinderbetreuung.
Literaturhinweis:
Wirtschaftspolitik ver.di, Mythos Demografie, Oktober 2003
http://www.verdi.de/wirtschaftspolitik/standpunkte/mythos_demografie__oktober_2003

„Die Steuern sind zu hoch!“

Wenn Unternehmer ihren Klageruf über zu hohe Steuern anstimmen, nicken oft auch viele Beschäftigte. Sie denken dabei an die Steuerlast, die sie selbst zu tragen haben.
Der Anteil der Lohnsteuern an den öffentlichen Einnahmen ist in den vergangenen 25 Jahren ständig gestiegen. Doch der Anteil der Steuern auf Gewinne und Vermögenseinkommen wurde in derselben Zeit halbiert.
Quelle: Wirtschaftspolitik ver.di, Vermögenssteuer Erbschaftssteuer, Dezember 2003
Im internationalen Vergleich ist Deutschland eine Steueroase für Vermögende. Vermögen und Erbschaften werden im internationalen Vergleich zu anderen Industriestaaten bei uns nur gering versteuert. Sogar wenn die Vermögenssteuer wieder erhoben werden würde, läge dieser Steuersatz noch immer unter dem in den USA.
Die Steuerquote in Deutschland ist im Jahre 2001 sogar geringer als im
Steuerparadies Luxemburg. (1)
Quelle: Wirtschaftsinformationen ver.di, Staatsfinanzen stärken
Die Antwort, wer eigentlich noch Steuern zahlt, fällt noch drastischer aus, wenn man bedenkt, dass auch die indirekten Steuern wie z.B. die Mehrwertsteuer von den Beschäftigten, Erwerbslosen und Rentnern zu zahlen sind.
Die staatliche Steuerpolitik hat dafür gesorgt, dass die Unternehmer und die Reichen immer mehr aus der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben entlassen wurden. Das hat zu den großen Haushaltslöchern geführt.
Würden die Gewinnsteuern heute den gleichen Anteil am Steueraufkommen erbringen wie 1980, dann ständen Mehreinnahmen von 59 Mrd. € zur Verfügung.
Über die „Notwendigkeit“ von „Sparpaketen“  müssten wir nicht diskutieren. (2)
Wenn Unternehmer über zu hohe Steuern klagen, sollten wir ihnen nicht auf den Leim gehen. Eine Politik, die die Millionäre endlich wieder zur Kasse bittet, ist mehr als notwendig
Anmerkungen:
(1)Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, Memorandum 2003, Kurzfassung S. 6
http://www.memo.uni-bremen.de/docs/memo03ku2.pdf
(2)  isw Grafikdienst 9, Steuern, S. 22
Weitere Literaturhinweise:
Veröffentlichungen des isw München, besonders isw-Wirtschaftsinfo 35; 37, Grafikdienst Nr. 9 Steuern; Report 55 Staat- Steuern – Daseinsvorsorge, http://www.isw-muenchen.de
Wirtschaftspolitik ver.di, Staatsfinanzen stärken, http://www.verdi.de/hintergrund/wirtschaftspolitik/dok/broschuere_zur_finanzpolitik
Wirtschaftspolitik ver.di, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Dezember 2003,
http://www.verdi.de/wirtschaftspolitik/steuer-_und_finanzpolitik/material/vermoegensteuer__erbschaftsteuer__pdf_540_kb_ 
 Karl Mai, Zur Verteilung von Reichtum und Armut in Deutschland,
http://www.memo.uni-bremen.de/docs/m6603.pdf

„Die Gewinne der Unternehmen sind zu niedrig“

Für den Unternehmer gibt es keine zu hohen Gewinne. Gegenüber den Beschäftigten gehören die Klagen über zu niedrige Gewinne zum Alltag. gilt es doch, deren Ansprüche abzuwehren. Auch gegenüber dem Finanzamt werden Gewinne gerne klein gerechnet. Doch gegenüber den Aktionären und den kreditgebenden Banken herrscht eine andere Sprachregelung. Da können die zu erwartenden Gewinne gar nicht hoch genug sein.
Den Beschäftigen wird die Sicherung der Arbeitsplätze und die Schaffung neuer versprochen, wenn sie „Lohnzurückhaltung“ üben. Doch allein die Ankündigung, Arbeitsplätze zu vernichten, treibt die Aktienkurse nach oben.
Eine ganze Reihe von Firmenskandalen zeigen zudem die Abgründe der Bilanzmanipulationen.
Die Lohnquote, d.h. der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen, ist rückläufig und hat den Stand der 70er Jahre erreicht. Dagegen sind die Gewinne und Vermögen gestiegen.
Zwischen 1991 und 2004 sind die realen Nettolöhne und Nettogehälter um 5,1 Prozent zurückgegangen.
In derselben Zeit sind die privaten Gewinn- und Vermögenseinkommen angestiegen. Brutto um 50,7 Prozent. Netto sogar um satte 60,5 Prozent –  Steuergeschenke machen es möglich. (1)
Dabei gibt es erhebliche Unterschiede in der Gewinnsituation der Unternehmen. Im Verteilungsbericht 2003 des DGB heißt es dazu: „Die Ertragslage unterscheidet sich jedoch nach Unternehmensgröße. Während die großen exportorientierten Unternehmen (Umsatz über 50 Mio.) ihre Gewinne deutlich ausweiten konnten, verschlechterte sich die Gewinnsituation der von der Binnennachfrage abhängigen klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU).“ (2)
Dax-Konzerne im Profitrausch
Die DAX-Konzerne konnten im Jahr 2004 ihre Profite im Vergleich zum Vorjahr um über 60 Prozent steigern.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) veröffentlicht jährlich eine Art Jahresbilanz der 100 größten Unternehmen. Danach brachten es die 30 größten deutschen Konzeren auf 46.350 Milliarden Euro ausgewiesenen Gewinn. Die Telecom führt die Liste mit 4.933 Milliarden Euro an, gefolgt vom Strom- und Gas- Preistreiber Eon mit 4.339 Milliarden. Daimler-Chrysler konnte seinen Profit um 450,4 Prozent steigern - hatte er doch erhebliche Lohneinbußen von seinen Beschäftigten abgepresst. (3)
Groß- und transnationale Konzerne machen ihren Schnitt sogar in Krisenzeiten.
Rigorose „Kostensenkungen“ durch Arbeitsplatzvernichtung heißt ein Patentrezept. Und das andere lautet. Keine Steuern mehr zahlen.
Mit dem Geld wird dann auf den Finanzmärkten spekuliert: „Die saldierten Vermögenseinkommen der Kapitalgesellschaften umfassten etwa ein Drittel des operativen Gewinns. Die starke Bedeutung der Vermögenseinkommen spiegelt den Sachverhalt wieder, dass die Unternehmen in den 90er Jahren den Aufbau von Finanzkapital stärker präferierten als den Aufbau von Sachvermögen.“ (4) Die Investitionen gingen trotz gestiegener Gewinne zurück. (5)
Die Gewinne der Großen von gestern sind damit die Finanzspekulationen von heute; die Steuergeschenke von heute sind die vernichteten Arbeitsplatze von morgen.
Wozu noch investieren, wenn keiner die Produkte noch kaufen kann? Und auch die öffentliche Nachfrage in Form von Investitionen in Schulen, Bauunterhaltung, Kanalisation usw. ist eingebrochen.
Arbeitsplatzvernichtung, Sozialabbau und Druck auf die Löhne engen die Binnennachfrage noch weiter ein. Steil ansteigende Firmenpleiten sind eine Folge; insbesondere von kleinen und mittleren Firmen, die vom Binnenmarkt abhängig sind. Überleben tun die Großen; die kleinen Kapitalisten werden von den großen enteignet. Der Mensch ist dabei völlige Nebensache.
Eine andere Politik kann diese Entwicklung mildern, kann die Massenkaufkraft und die öffentlichen Finanzen stärken. Die kapitalistischen Krisen aufzuheben und den Prozess der weiteren Zusammenballung des Kapitals zu verhindern vermag sie nicht. Dazu ist mehr notwendig – dafür muss die kapitalistische Profitlogik beendet und müssen die Eigentumsverhältnisse verändert werden.. Aber beginnen müssen wir mit dem Ringen um eine andere Politik, um die ruinöse Abwärtsspirale zu bremsen. Dazu gehört ein energischerer Kampf um einen größeren Anteil am geschaffenen Reichtum und gegen die unersättlichen Profitansprüche des großen Kapitals
Anmerkungen:
(1) isw-wirtschaftsinfo 35, vgl. auch DGB-Verteilungsbericht 2003
(2) DGB-Verteilungsbericht 2003, S. 25
(3) UZ vom 22.7.2005
(4) ebenda
(5) isw-Wirtschaftsinfo 35, S. 19
Literaturhinweise:
isw München, isw-Wirtschaftsinfo 35, Bilanz 2002,
http://www.isw-muenchen.de

DGB-Verteilungsbericht 2003

„Der Sozialabbau bringt den Aufschwung!“

Solange der Sozialabbau bereits andauert, wird die Besserung nach Durchschreiten der „Talsohle“ versprochen. Bei uns in Deutschland lässt sich das bis in den Beginn der 80er Jahre zurückverfolgen. Die Realität hat diese Behauptungen längst widerlegt. Alle gesellschaftlichen Probleme sind gewachsen, die Massenarbeitslosigkeit ist gestiegen.
Gewinner sind die Reichen und die auf den Weltmarkt orientierten Konzerne. Ihre Konten sind gewachsen. Und ihre Macht ist gewachsen. So können sie immer mehr Druck auf die Politik ausüben, in dieser Richtung fortzufahren, die sozialen und demokratischen Rechte der Beschäftigten und Erwerbslosen zunichte zu machen und die Löhne weiter zu senken. Damit soll der weitere Aufschwung ihrer Profite gesichert werden.
Viele fragen:
Hat das nicht bald ein Ende?
Die Erwartung eines natürlichen Endes des Sozialabbaus ist unbegründet. Das Kapital kennt keine Grenze des Lohnes nach unten. Löhne sind aus Sicht des Kapitals nur Kosten, die im Kampf mit den Konkurrenten unbedingt zu senken sind. Das gilt auch für die Steuern. Grenzen werden nur durch den Widerstand der Beschäftigten, der Lohnarbeiter/innen gesetzt. Deren Widerstand bestimmt auch, welche Grenzen der Staat setzt. Vom politischen Kräfteverhältnis hängt es ab, ob öffentliche Dienstleistungen vorhanden sind, ob es Mindesteinkommen, ob es Schutz vor Armut gibt und ob Unternehmen und Reiche Steuern zahlen müssen.
Die „Agenda 2010“ ist längst noch nicht das Ende. (vgl. dazu den Artikel „Wir gehen weiter! Die nächsten brutalen Kahlschlags-Pläne“). Lohnabbau auf breiter Front ist das Ziel. Und der Abbau aller Errungenschaften, die sich die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den vergangenen zwei Jahrhunderten erkämpft hat. Das gilt für soziale und für demokratische Rechte. Nichts ist sicher.
Die Zeit des Ausbaus der Sozialen Systeme und der Erhöhung der Einkommen war die Zeit der Herausforderung durch den Sozialismus. Als dritter unsichtbarer Tarifpartner saß die DDR mit am Verhandlungstisch. Seit dem Verschwinden der sozialistischen Staaten in Europa sind die Hemmungen gefallen. Ernsthaft in die Schranken verwiesen werden die Gelüste des Kapitals erst wieder, wenn seine Macht infrage gestellt wird. Eine breite außerparlamentarische Opposition mit einer starken antikapitalistische Strömung gilt es daher zu schaffen.
Die Überwindung dieses kapitalistischen Systems – so utopisch das aus heutiger Sicht erscheinen mag – ist der einzige Schutz vor der Barbarei, in die der moderne Kapitalismus uns treibt. Die Macht der Konzerne und Finanzzentren gilt es einzuschränken und zu brechen.
Die internationale Vernetzung verschiedener Bewegungen, wie sie in der Bewegung der Sozialforen praktiziert wird, gibt Hoffnung auf einen neuen Aufschwung der Kämpfe gegen die weltweiten Profit- und Machtansprüche des Kapitals. Wir brauchen diese Kämpfe auf internationaler, europäischer, nationaler, örtlicher und betrieblicher Ebene.

„Die Globalisierung zwingt zum Abbau!“

Kanzler Schröder begründete seine Agenda 201 mit den Zwängen der Globalisierung und pries sie geradezu als Alternative dazu an: „Entweder wir modernisieren, und zwar als soziale Marktwirtschaft, oder wir werden modernisiert, und zwar von den ungebremsten Kräften des Marktes, die das Soziale beiseite drängen wollen.“
Was Schröder die „ungebremsten Kräfte des Marktes“ nennt, sind in Wirklichkeit Adressen mit Namen und Hausnummer: Es sind die großen international operierenden und exportorientierten Konzerne und das Finanzkapital. Deren aggressive Strategie des Exports von Waren und von Kapital soll weiter vorangetrieben werden. Konkurrenten sollen auf den Weltmärkten niedergerungen oder aufgekauft werden. Dafür werden die sozialen Sicherungssysteme zerstört, Billiglöhne durchgesetzt, Unternehmersteuern gesenkt und die öffentlichen Haushalte kaputtgespart. Das Sinken der Binnennachfrage wird billigend in kauf genommen.
Es ist eine große Koalition aus SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP, die der Profitmaximierung alle Bremsen aus dem Wege räumt. Sie erfüllen die Aufträge und Wünsche der Unternehmerverbände. Die sogenannte Globalisierung wird damit vorangetrieben. Es waren und sind die Regierungen der großen kapitalistischen Staaten und damit auch Deutschlands, die in den internationalen Organisationen wie der Welthandelsorganisation (WTO) und auf ihren Gipfeltreffen die Beschlüsse herbeigeführt haben, die zu der weltweiten Mobilität des Großkapitals geführt haben.. Es sind diese Regierungen, die internationale Abkommen wie z.B. das GATS aktiv voranbringen, mit dem die künftige Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und damit der Sozialkahlschlag vereinbart werden soll. Der Öffentlichkeit aber wird weisgemacht, dass dies angeblich anonyme Prozesse seien, denen man sich nicht entgegenstellen könne.
Weltweit sind die Menschen mit denselben Problemen konfrontiert. Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Dazu gehören die Angriffe auf den Kündigungsschutz, auf soziale Rechte, auf Löhne und soziale Sicherungssysteme, auf öffentliche Dienstleistungen und auf ökologische Auflagen. Möglichst alles soll privatisiert und der kapitalistischen Profitmehrung unterworfen werden. Dieses weltweite Sozialdumping nutzt den international tätigen Konzernen und ihrer Suche nach den für sie besten Verwertungsbedingungen.
Die verschärfte internationale Konkurrenz wird zunehmend auch militärisch flankiert. Alle führenden Industriestaaten rüsten ihre Armeen in weltweit einsetzbare Interventionstruppen um.. Neue Aufrüstungsrunden werden in Gang gesetzt und machen die Welt noch unsicherer.
Diesem Treiben ist daher nur mit dem international vernetzten Widerstand der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, der Friedensbewegung  und der globalisierungskritischen Bewegung  beizukommen.

 

Literaturhinweise:
Materialien des isw München: http://www.isw-muenchen.de
Marxistische Blätter, besonders Nr. 5-03 Imperialismus, Krieg und Demokratie, darin: Gretchen Binus, Monopolstrategien heute; Nr. 2-03 Strategien der sozialen Spaltung: http://www.dkp-online.de/mbl/
 
DKP Minden 2003

 

 

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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